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10.04.2018

Neubau macht sich mehrfach bezahlt

Jürgen Hartz und Olaf Backes nutzen im BKSZ ältere Einsatzfahrzeuge für die Aus- und Weiterbildung
Das BKSZ in Ehrang bietet auch die Möglichkeit, ältere Einsatzfahrzeuge unterzubringen, die jetzt Jürgen Hartz, Olaf Backes (v. l.) und ihre Kollegen für die Aus- und Weiterbildung nutzen.

Mitte 2016 bezog die Feuerwehr das neue Brand- und Katastrophenschutzzentrum (BKSZ) in Ehrang. In einem Gespräch mit der Rathaus Zeitung (RaZ) ziehen Jürgen Hartz, Leiter der zentralen Ausbildung, und Vize-Feuerwehrchef Olaf Backes eine Zwischenbilanz und erläutern die Reform der Aus- und Weiterbildung im Rettungsdienst.

RaZ: Wie sieht es mit der Auslastung der zentralen Ausbildung aus?

Jürgen Hartz: Die Tendenz ist stark steigend. Heute Morgen sind wir zum Beispiel so gut ausgelastet, dass das Klassenzimmer, in dem wir uns gerade befinden, der einzige freie Raum ist. Das hängt aber auch damit zusammen, dass die Feuerwehr viele neue Mitarbeiter hat, die ausgebildet werden müssen. So nehmen die Laufbahnbeamten an der dreimonatigen Schulung zum Rettungssanitäter teil. Außerdem gibt es Kurse im betrieblichen Brandschutz und in Erster Hilfe. Teilnehmer sind Mitarbeiter der Stadt, aber auch von Firmen und aus den hiesigen Krankenhäusern.

2017 war das erste komplette Jahr für die Ausbildung in den neuen Räumen. Wie viele Teilnehmer gab es?

Hartz: Das waren bei 192 Lehrgängen einschließlich der Atemschutzübungen rund 4000. Es gab allein 62 Schulungen im betrieblichen Brandschutz mit 805 Absolventen.

Olaf Backes: Mit dem Kreis Trier- Saarburg haben wir nicht nur eine Kooperation bei der Fahrzeugbeschaffung, sondern auch bei der Aus- und Weiterbildung. Es gibt beispielsweise eine feste Vereinbarung zur Nutzung der Atemschutzübungsstrecke.

Hartz: Da bedeutet das neue BKSZ im Vergleich mit der sehr beengten Hauptwache am Barbara-Ufer einen deutlichen Fortschritt.

Backes: Der Landkreis hatte einen Übungscontainer, der in die Jahre gekommen war. Daher ist es gut, dass wir unsere hochmoderne Anlage anbieten können. Wir profitieren davon durch die wesentlich höhere Auslastung. Zudem lernt man sich in den Schulungen besser kennen und profitiert davon bei den Einsätzen. Dank des BKSZ übernehmen wir auch einige Ausbilderlehrgänge der Landesfeuerwehrschule in Koblenz. Sie hat aus Platznot ihre Angebote teilweise ausgelagert. Zudem finden auch Führungsfortbildungen für Leitende Notärzte im BKSZ statt.

Ist die Gesamtzahl von 4000 Teilnehmern im letzten Jahr ungefähr die Menge, mit der Sie gerechnet hatten?

Hartz: Bei der Planung des BKSZ, das auch Übernachtungsplätze für sieben Personen bietet, hat sich unsere Bedarfsberechnung insgesamt bestätigt. Die Zahlen liegen teilweise sogar etwas höher. Manchmal müssen wir da auch schon mal etwas bremsen.

Backes: Wir haben erfreulicherweise Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet, etwa bei der Ausbildung für den gehobenen Feuerwehrdienst.

Ein weiterer Einschnitt für den Rettungsdienst war die Einführung des Berufsbilds des Notfallsanitäters. Was sind die wichtigsten Änderungen?

Backes: Vor der Reform hatten wir drei Berufsbilder: Rettungshelfer, Rettungssanitäter und Rettungsassistent. Der Beruf des Rettungsassistenten wird ersetzt durch den Notfallsanitäter mit dreijähriger Ausbildung. Ausgebildete Rettungsassistenten können je nach Berufserfahrung über eine gestaffelte Übergangsregelung den Beruf des Notfallsanitäters in einer Ergänzungsausbildung erlernen und dann eine staatliche Ergänzungsprüfung ablegen. Dieser Prozess läuft derzeit bei unseren Mitarbeitern und soll später auf Externe erweitert werden.

Wann ist die Umstellung abgeschlossen?

Hartz: Die gesetzliche Übergangsfrist läuft bis Ende 2020. Bis dahin müssen wir uns so aufgestellt haben, dass wir dann in die Vollausbildung neuer Notfallsanitäter einsteigen können.

Backes: Vor allem aus diesem Bereich wollen wir künftig unsere Nachwuchskräfte rekrutieren.

Wechseln immer noch Mitarbeiter wegen der besseren Bezahlung nach Luxemburg oder zu anderen Arbeitgebern in Deutschland?

Backes: Die Luxemburger wollen ihren Rettungsdienst professionalisieren. Man spricht von 600 bis 800 Stellen. Im Moment deckt Luxemburg den Markt noch mit eigenen Leuten ab, aber das wird auf Dauer nicht reichen. Dann gibt es dort Stellen, die gerade für unsere jungen Kollegen interessant sind. Außerdem stockt die Bundeswehr ihre Mitarbeiterzahl in diesem Bereich auf. Ein Brandmeister, der von der Feuerwehr Trier zur Bundeswehr wechselt, hat ein paar hundert Euro mehr im Monat. Wir müssen uns als Arbeitgeber gut aufstellen, um in diesem Wettbewerb zu bestehen. Das BKSZ ist ein wichtiger Baustein, aber auch das Audit Beruf und Familie.

Bilden Sie über den eigenen Bedarf hinaus aus?

Backes: Derzeit noch nicht, aber für die Zukunft ist das geplant. Derzeit steht die Überführung des Berufsbildes des Rettungsassistenten in den Notfallsanitäter im Blickpunkt.

Wie sieht es mit den Kompetenzen im neuen Berufsbild des Notfallsanitäters im Vergleich zum ärztlichen Personal im Rettungsdienst aus?

Backes: Für eine nicht-ärztliche Einsatzkraft hat ein Notfallsanitäter schon erhebliche Kompetenzen. So darf er immerhin 18 Notfallmedikamente eigenverantwortlich verabreichen.

Werden die Ärzte entlastet?

Hartz: Auf der Zeitschiene gibt es Verbesserungen. Wenn unsere Notfallsanitäter auf den Notarzt warten, können sie im Sinne des Patienten mehr bei der Erstversorgung unternehmen.

Backes: Es gibt gerade bei schwierigen Einsätzen, wie Unfällen, erhebliche Verbesserungen. Solche komplexen Herausforderungen sind auch insgesamt der Grund, warum wir an der Kombination aus hauptamtlicher Feuerwehr und hauptamtlichen Rettungsdienst mit multifunktionaler Ausbildung festhalten. In Städten, in denen es diese Überlappung der Funktionen nicht gibt, kann es im schlimmsten Fall leichter zu einer Unterversorgung der Patienten kommen. Zudem ist die Zusammenführung durch ihre Synergien die wirtschaftlichste Variante. Wir sind in Rheinland-Pfalz nach wie vor die einzige Kommune mit diesem Modell. Bundesweit sind aber von rund 120 Berufsfeuerwehren etwa 70 auch im Rettungsdienst aktiv.

Welche konkreten Vorteile hat das im Einzelfall?

Backes: Bei Unfällen mit mehreren Verletzten können unsere Einsatzkräfte wegen ihrer Feuerwehr-Ausbildung die Personen aus einem beschädigten Auto retten und mit ihren medizinischen Kenntnissen die Erstversorgung einleiten. Das gilt insbesondere, wenn noch nicht genug Rettungsdienstpersonal vor Ort ist. Es kommt auch vor, dass bei großen Einsätzen der Regelrettungsdienst nicht ausreicht und ehrenamtliche Katastrophenschutzeinheiten alarmiert werden. Bis zu ihrem Eintreffen leisten hauptamtliche Feuerwehrleute mit rettungsdienstlicher Ausbildung einen wichtigen Beitrag zur Menschenrettung.

Das Gespräch führte Petra Lohse