(em) „Nein, früher war nicht alles besser“. Paul Kall weiß, wovon er spricht. 32 Jahre lang stand der Ur-Pfalzeler an der Spitze der Freiwilligen Feuerwehr im Ort, bevor er Ende 2024 nicht mehr zur Wahl des Wehrführers antrat. Insgesamt kann Paul Kall (61) sogar auf 45 Dienstjahre als freiwilliger Feuerwehrmann zurückblicken. Erzählt er von seinen Erfahrungen, dann wartet man vergeblich auf nostalgische Geschichten über die vermeintlich gute alte Zeit oder verklärende Anekdoten. Vielmehr zieht Kall, der am 31. Januar im Kurfürstlichen Amtshaus in Pfalzel feierlich von Feuerwehrdezernent Ralf Britten, Triers Feuerwehr-Chef Andreas Kirchartz und seinen Kameraden als Wehrführer verabschiedet wird, ganz nüchtern Bilanz.
Da wäre die Ausrüstung. „Damals hatten wir eine Leinenjacke und ne Leinenbuxe, damit sind wir dann ins Feuer gegangen“, erinnert sich Kall, von Beruf Nachrichtentechniker, an die eher dürftige Ausstattung zu Beginn seiner Feuerwehrkarriere. Manches Ausrüstungsteil, das nach Jahren bei der Berufsfeuerwehr ausgemustert worden sei, habe zusammengeflickt den Weg zu den freiwilligen Wehren gefunden.
Und dann die Fahrzeuge. „Unser alter Magirus war schon ein Oldtimer, als ich anfing, den würden heute die meisten gar nicht mehr vom Hof bewegen können, damit zu fahren war anstrengend, geschaltet wurde nach Gehör“. Das heutige Löschgruppenfahrzeug sei dagegen High-Tech. „Generell ist heute alles professioneller, bei Fahrzeugen, Kleidung und Ausrüstung unterscheiden wir uns kaum von der Berufsfeuerwehr “, sagt Kall.
Noch gravierender sei der Unterschied zu früher bei der Ausbildung. „Als ich 1980 bei der Feuerwehr anfing, da gab es die heutigen Lehrgänge in dieser Form ja gar nicht“. Erst später habe es das erste Lehrgangsangebot der hauptamtlichen Kameraden vom Barbaraufer gegeben. „Mit Olaf Backes habe ich die Initiative ergriffen und einen Lehrgang für Pfalzeler und Biewerer Feuerwehrleute auf den Weg gebracht.“ Heute selbstverständlich, sei die „Truppmannausbildung“ genannte Grundausbildung für freiwillige Feuerwehrleute damals ein riesiger Meilenstein gewesen. „Wenn ich mir unseren heutigen Ausbildungsstand anschaue, dann muss ich sagen, da hat sich gewaltig etwas getan.“ Und diese gute Ausbildung sei auch notwendig, denn auch die Anforderungen seien stetig gewachsen.
Zwölf Jahre war Paul Kall, dessen Vater schon in der Pfalzeler Wehr aktiv war und seinen Sohn immer mitnahm ins Gerätehaus, nach seinem Eintritt in die Feuerwehr zunächst normaler Feuerwehrmann. „Ich habe hinten in der Reihe Spokes gemacht“, verrät Kall. Im März 1992 war Schluss mit lustig. Der damalige Pfalzeler Wehrführer Peter Grünen legte sein Amt nieder. Die Pfalzeler Feuerwehrleute wählten den damals 28-jährigen Kall zum neuen Wehrführer. Damit übernahm er viel Verantwortung. „Plötzlich stand ich vorne“.
Gleich sein erster größerer Einsatz an der Spitze der Pfalzeler Wehr war explosiv. Weil ein Mitarbeiter der US-Luftwaffe irrtümlich eine Streubombe zum Altmetall gegeben hatte und diese im Hafen in der Schrottpresse in die Luft ging, kam es 1992 zur Beinahe-Katastrophe. Hunderte kleine Bomben wurden durch die Explosion im Gelände verstreut, Feuer brach aus, eine hohe Rauchsäule stieg in den Himmel. „Wir sind nach der Alarmierung sofort ausgerückt, wussten aber gar nichts von der umherliegenden Munition“, erzählt Kall. Erst während des Einsatzes sei klar geworden, dass der Einsatzort mit Sprengkörpern übersät gewesen sei. „Da ist mir ganz schön die Muffe gegangen und wir haben uns zurückgezogen.“ Selbst die Feuerwehrfahrzeuge habe man zunächst zurücklassen müssen. „Das hätte auch ganz anders ausgehen können“, sagt Kall.
Schwierige Einsätze und Momente habe es etliche gegeben während seiner Dienstzeit. „Da waren einige Situationen, in denen ich mit Tod und Leid konfrontiert wurde, das bringt dieses Ehrenamt halt auch mit sich. „Der Zusammenhalt in der Mannschaft hat mich dann getragen.“
Überhaupt die Mannschaft. „Ohne meine Leute wäre gar nix gegangen in all der Zeit“, macht Kall sehr klar, wie elementar wichtig Gemeinschaft in einer Feuerwehr ist. Ob es schlecht laufe oder gut, das hänge vor allem davon ab, ob sich Leute engagieren. „Das ist heute nicht anders als vor 30 Jahren. Auch wenn Technik wichtig ist, es sind die Menschen, die den Unterschied machen.“ Und derzeit läuft es gut in Pfalzel, richtig gut. „Wir haben 32 aktive Feuerwehrleute, 21 Jugendliche in der Jugendfeuerwehr und zehn Leute in der Ehrenabteilung.“ Seinem Nachfolger Johannes Adamy, hinterlasse er eine gut aufgestellte Feuerwehr.
So ganz kann Paul Kall, der so ganz nebenher 1987 auch Gründungsmitglied der Trierer Jugendfeuerwehr war, sich dort jahrelang als Betreuer engagierte und auch dem Stadtfeuerwehrverband lange vorstand, aber von seiner Feuerwehr nicht lassen. „Von jetzt auf gleich ganz aufhören, das will ich nicht, da würde mir etwas fehlen“. Lieber lässt er es langsamer angehen. „Ich bin jetzt nach 32 Jahren eben wieder normaler Feuerwehrmann und stehe hinten in der Reihe. Das ist zwar ehrlich gesagt bisschen ungewohnt, dafür habe ich jetzt wieder Zeit für Spokes.“
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