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13.02.2024

Schwarz-weiße Flammen

Vier ältere Herren arbeiten mit Bilderkisten und am Bildschirm
Die pensionierten Trierer Berufsfeuerwehrmänner Hans Hau, Heinz Palzer, Horst Kirchartz und Joachim Müller (v. l.) helfen dem Stadtarchiv ehrenamtlich dabei, alte Feuerwehrfotos zu archivieren.

Zweieinhalb Regalmeter Bildmaterial, knapp 100 Jahre Trierer Feuerwehrgeschichte – das Stadtarchiv ist seit letztem Jahr um eine umfangreiche Sammlung reicher. Eine kleine Gruppe pensionierter Feuerwehrmänner hilft dem Archiv seitdem bei der Verzeichnung tausender Fotos. Von ihrer geballten Berufserfahrung profitiert nicht nur das Archiv, auch die vier Helfer genießen die Zeitreise.

Hans Hau (68) sitzt vor einem Laptop und friemelt eine alte Filmrolle in ein kleines Gerät. In der Größe einer Visitenkarte erscheint eine Schwarz- Weiß-Fotografie auf dem Display. Hau drückt auf einen Knopf – und das Bild aus dem Jahr 1936 ist digitalisiert und gespeichert. „Erzähl mir mal was dazu!“ fordert er den neben ihm sitzenden Joachim Müller (77) auf. Dieser setzt kurz die Brille auf, sucht in einem alten Hefter die zu der Filmrolle passende Nummer und diktiert: „Nummer 92, Wohnhaus- und Scheunenbrand in Waldrach, Großfeuer, 25.2.36.“

Bereits seit Mai letzten Jahres trifft sich die kleine Gruppe ehemaliger Trierer Feuerwehrmänner wöchentlich, um dem Stadtarchiv bei der Sichtung, Aussortierung und inhaltlichen Einordnung ganz spezieller Fotos zu helfen. Begonnen hat alles im Mai 2023 mit einem Anruf aus der Eifel: „Ich vermute, das war der Enkel des früheren Branddirektors Hammes“, erzählt Müller: „Er ist wohl beim Räumen in seinem Haus in Neuerburg auf diese Kartons voller alter Filmrollen gestoßen und wollte sie loswerden.“ Ernst Hammes, der die Trierer Berufsfeuerwehr von 1934-1940 leitete, hatte etliche Ereignisse mit seiner Kamera dokumentiert. 

Am anderen Ende des Tisches stecken Horst Kirchartz (81) und Heinz Palzer (74), tief über eine Reihe auf dem Tisch ausgebreiteter Fotos gebeugt, die Köpfe zusammen. Die Farb- abzüge vor ihnen stammen teils noch aus ihrer eigenen Dienstzeit, ein Großteil wurde von Joachim Müller selbst geknipst. Das Auftauchen der alten Filmrollen im Mai letzten Jahres hatten die Feuerwehrleute zum Anlass genommen, dem Stadtarchiv die rund 20 Kartons voller Fotos und Negative aus jüngerer Vergangenheit zu übergeben, die bis dahin in der Trierer Hauptfeuerwache gelagert wurden. 

Nun gilt es, das Dickicht zu lichten und auszusortieren, was sich doppelt oder keinen archivwürdigen Informationsgehalt besitzt. „Sowas hier muss natürlich nicht hier im Archiv landen“, sagt Kirchartz und sortiert ein Bild aus, das seinen Sohn, den amtierenden Leiter der Trierer Berufsfeuerwehr Andreas Kirchartz, in jüngeren Jahren mit über die Schulter geworfenem Chemikalien-Schutzanzug zeigt. 

Die Zuarbeit der Gruppe ist für das Stadtarchiv sehr wertvoll, betont Jort Blazejewski, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Stadtarchivs: „Die vier ehrenamtlichen Mitarbeiter haben zusammengenommen rund 150 Jahre Diensterfahrung. Damit kennen sie nicht nur die wesentlichen Ereignisse in der Geschichte der Feuerwehr der letzten circa 50 Jahre, sondern auch alle Beteiligten. Deshalb können sie die Fotos kontextualisieren und uns Hinweise darauf liefern, was dort passiert ist – wenn sie nicht sogar selbst daran beteiligt waren.“

Für die vier Helfer ist der Arbeitsaufwand zwar groß, aber gleichzeitig eine willkommene Gelegenheit, ihre eigene jahrzehntelange Arbeit bei der Trierer Berufsfeuerwehr Revue passieren zu lassen: „Das Gespräch, das hier entsteht, wenn wir die Fotos durchgehen – das ist auf eine Art erbaulich“, erzählt Kirchartz: „An die meisten Einsatzgeschehen erinnert man sich noch genau. Vieles davon sehen wir mittlerweile auch kritisch und dann diskutieren wir darüber, wie man das heute machen würde.“ Auch für Hans Hau ist die Fotoaufbereitung eine Art Zeitreise: „Man ist direkt wieder da: Das war der Einsatz. Das ist passiert.“ Auf dem Bildschirm erscheint ein Bild von Feuerwehrmännern, die an einem Tisch in der Wache gemeinsam Karten spielen. „Das haben wir damals oft gemacht – wir hatten ja noch keinen Fernseher – oder wir haben den Alten zugehört, wenn sie Geschichten erzählt haben. Das war genauso spannend, wie fernzusehen.“

Sobald die Bilder vollständig verzeichnet sind, kann das Stadtarchiv sie im Online-Findbuch auch für die Öffentlichkeit zugänglich machen. In dem Verzeichnis können Interessierte Materialien aus dem Archiv vormerken lassen, um diese dann zu einem vereinbarten Termin vor Ort im Stadtarchiv einsehen zu können.

Helena Belke

Archiv

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