Für eine nachhaltige und kinderfreundliche Stadtentwicklung überprüft die mobile spielaktion in Zusammenarbeit mit der AG Spielraum regelmäßig die öffentlichen Räume in allen Stadtteilen auf ihre Spielqualitäten, Potenziale, aber auch Gefahren. Die RaZ stellt im zweiten Teil der Serie die Spielraumleitplanung und die Kinderstadtpläne vor.
Die Spielraumanalysen wurden vor 20 Jahren von der mobilen spielaktion entwickelt. Seit 1997 werden die Stadtteile alle drei bis vier Jahre konzeptgeleitet untersucht. Hierbei machen sich Mitarbeiter der mobilen spielaktion gemeinsam mit Studierenden der Universität aus allen Fachbereichen wie etwa Geographie oder Pädagogik mit angefertigten Begehungsbögen auf und bewerten die einzelnen Stadtteile nach ihren Spielgelegenheiten.
Jedes Quartier wird dabei zu Fuß komplett abgegangen: Die öffentlich zugänglichen Räume werden bewertet, zugeparkte Gehwege oder auch Müll aufgelistet. Schließlich werden die Plätze Spielraumtypen zugeordnet. Ergebnis sind Bestandspläne, die zeigen, wie es mit der Spielraumversorgung im Stadtteil aussieht und wo noch Lücken bestehen. Diese Pläne werden in der ämterübergreifenden AG Spielraum diskutiert. Gemeinsam werden Ideen und Möglichkeiten gesucht, bestehende Lücken zu schließen.
Die AG Spielraum gibt schließlich Handlungsempfehlungen an den städtischen Jugendhilfeausschuss ab. Sie steht zudem mit den Ortsbeiräten in regelmäßigem Austausch, so dass Spiellücken im Stadtteil durch gezielte Investitionen von Ortsbeiratsmitteln geschlossen werden können. Ziel ist die lückenlose Versorgung der Stadtteile mit Spielraum und vor allem dessen fußläufige Erreichbarkeit. „Kinderfreundlich ist menschenfreundlich: Ist ein Platz barrierefrei zugänglich, können Kinder mit dem Roller, Mütter mit dem Kinderwagen, Senioren mit dem Rollator oder Menschen im Rollstuhl den Platz nutzen“, meint Sandra Rouhi vom triki-büro.
Welt mit Kinderaugen sehen
„Eine Frau kann Kinder nicht leiden und meckert, wenn wir auf den Wiesen spielen“ oder „Auf die Tanne dürfen wir eigentlich nicht klettern, da motzt immer irgendeiner aus dem Haus“: So ehrlich antworten Trierer Kinder bei Befragungen zur Spielsituation in ihren Stadtteilen. Neben der Erwachsenensicht wirft die mobile spielaktion bewusst einen Blick auf die Kinder und entwirft eigene Stadtpläne, die die Sicht der Kleinsten auf ihren Stadtteil darstellen. „Die objektiven Aussagen der Spielraumanalyse werden aber durch die Kindermeinung nicht verändert. Vielmehr dienen sie der besseren Einschätzung, denn Kinder sind die Spielexperten“, so Rouhi.
Für die Analyse zeigen die Mitarbeiter der mobilen Spielaktion den Kindern vereinfachte Stadtpläne, auf denen sie markieren sollen, wo sie wohnen und zur Schule gehen. Dabei lernen die Kinder, Pläne zu lesen und sich auf ihnen zu orientieren, die Mitarbeiter der mobilen spielaktion sehen, wie gut sich die Kinder in ihrem Stadtteil auskennen und wie ihr „Streifraum“ aussieht. Schließlich sollen sie ihnen bekannte Stellen mit entsprechenden Symbolen wie Bolzplatz, Baumhaus oder Gefahr auf dem Plan benennen (Abbildung rechts). Die Kontaktaufnahme bei der Befragung hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Konnten die Mitarbeiter die Kinder vor zehn Jahren noch direkt auf der Straße anreden, wird inzwischen das Ansprechen von Kindern durch Erwachsene als bedrohlich empfunden. So kündigt die mobile spielaktion die Befragung mittlerweile in der Zeitung an. Am Befragungstag tragen sie zur besseren Sichtbarkeit T-Shirts und an den Fahrrädern Schilder mit dem Logo der mobilen spielaktion. Am Ende der Befragung erhalten die Kinder ein Schreiben für ihre Eltern über die Teilnahme an der Aktion.
Spielraumplanung ist vor allem eins: eine langfristige Aufgabe für eine nachhaltige Entwicklung. In Trier hat sich durch die Spielraumleitplanung die Situation in vielen Stadtteilen nach und nach verbessert. Obwohl das Instrument auf Langfristigkeit und damit Nachhaltigkeit angelegt ist, punktet es dennoch dadurch, dass es flexibel auf sich verändernde Situationen im Stadtteil reagieren kann.
Zum Beispiel auf sich wandelnde demographische Strukturen: So wird in Trier im Gegensatz zu vielen anderen Städten kein Spielplatz entwidmet, so Rouhi. Kein öffentlicher Raum wird aufgegeben, nur weil in einem Quartier weniger oder auch keine Kinder mehr wohnen. Stattdessen wird der Raum auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasst und steht damit schnell wieder Kindern zur Verfügung, wenn Spielraum benötigt wird.
„Es geht bei der Spielraumleitplanung nicht um möglichst gute Ausstattung mit Spielgeräten, sondern vielmehr um eine zusammenhängende Raumplanung, die auch den Bedürfnissen von Kindern und Familien gerecht wird. So stellen beispielsweise Kriterien wie fußläufige Verbindungen, zusammenhängende Grünachsen oder Barrierefreiheit für alle Altersgruppen eine Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität dar“, hebt Rouhi die Bedeutung der Analysen hervor.
pli